Foto: Bruna Moreira-Szonn Fotografie

Reaktionen auf mein Abpumpen

Schön, dass du weiter auf meinem Blog stöberst.

Hier soll es um die Reaktionen gehen, die mir entgegen gebracht werden, wenn sie entweder sehen, dass ich abpumpe oder ich darüber erzähle.

Ich möchte vorab erwähnen, dass die Reaktionen eigentlich vermehrt positiv sind und eher Neugier als Abwertung herrscht - irgendwer hat ja immer was zu beanstanden. Da ich aber hier meine persönlichen Erfahrungen mit euch teilen möchte, dachte ich mir, dass diese Stories Mut machen können.

U4 beim Kinderarzt (Mitte Mai 2024)

Wir mögen unseren Kinderarzt sehr, vor allem weil er mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg hält: Er ist immer sehr offen, direkt und gibt uns wunderbare Fakten mit auf den Weg, um gute Entscheidungen im Zusammenhang mit unseren Kindern zu treffen. Er hat nicht nur Sophia, sondern bei jedem Arztbesuch auch Noah und unsere gesamte Familie im Blick. So fragt er auch regelmäßig nach meinem Wohlbefinden. Kurzum: Wir fühlen uns alle, auch die Kinder, sehr wohl in seiner Praxis.

Daher halte ich viel von seiner Meinung und schätze seine Aussagen, auch wenn sie manchmal etwas plump rübergebracht werden. Warum ich das jetzt hier schreibe? Dazu komme ich jetzt:

Bei der U4 von Sophia wurde als Allererstes danach gefragt, wie viel ich denn zum Abpumpen hinzufüttern muss, wir also PRE verwenden müssen. Bereits zu der Zeit war die letzte Gabe von PRE einige Wochen her (ich glaube, nach einem Ausflug auf dem Heimweg mussten wir 220 ml anrühren). Ich konnte also ganz stolz verkünden: 'Gar nicht.' Und er antwortete mit einem Gesichtsausdruck, der sagen wollte: 'Wow, Respekt.' Da ich zwischenmenschlich nicht ganz auf den Kopf gefallen bin, war dies eine recht eindeutige Reaktion und ich fühlte mich bestärkt.

Es scheint also alles andere als gang und gäbe zu sein, sein Kind vollständig mit abgepumpter Muttermilch versorgen zu können – das war mir bis dato nicht bewusst, aber nachdem ich mir dazu Gedanken gemacht habe, irgendwie schon logisch. Wann habe ich denn mal jemanden gekannt, der ausschließlich abgepumpt hat? Ich kenne die Mamas, die stillen, und die Mamas, die Babynahrung füttern; dazwischen gab es scheinbar nichts.

Bereits damals habe ich schon länger mit dem Gedanken gespielt, einen Blog zu schreiben und meine Erfahrungen zugänglich zu machen. Nach diesem Erlebnis startete ich mit dem Tippen.

Eltern-Kind-Gruppe (Anfang Juni 2024)

Ich gehe seit einer Woche zu einer Eltern-Kind-Gruppe. Sophia liebt es, wenn wir ihr etwas vorsingen, und da ich diese Gruppe bereits mit Noah besucht hatte, wusste ich, dass sie genau das Richtige ist.

Beim ersten Mal musste ich nicht pumpen, die Mamas und Papas haben also nur gesehen, dass ich Sophia mit der Flasche füttere. Heute war es so, dass die Kleine während der Gruppe eingeschlafen ist. Im Anschluss treffen wir uns immer auf einen Kaffee und/oder Waffeln im Café. Also bin ich vorgegangen und habe schon mal angefangen zu pumpen – jede Gelegenheit nutzen.

Als die anderen dann nach und nach dazu kamen, waren sie direkt interessiert, was ich denn da mache. Eine Mama stillt voll, eine andere stillt und pumpt, und der Vater fütterte sein Kind mit PRE-Nahrung und seine Frau pumpt und stillt ebenfalls.

Warum ich das erzähle? Weil ich mich während der ganzen Zeit nicht unwohl gefühlt habe und keinen negativen Kommentar abbekommen habe. Meist hört man so etwas wie "Aber Stillen ist ja viel einfacher" oder "Boah, das ist ja total nervig, die ganzen Flaschen sauber zu machen." Aber dieses Mal gab es sogar regeres Interesse als sonst.

Die stillende Mama hat bereits ihr drittes Kind und bei dem zweiten solche Probleme mit dem Stillen gehabt, dass sie drei Monate kämpfen musste, bis es überhaupt lief. Sie hatte jedoch noch nie so wirklich mitbekommen, wie das Pumpen so klappt, und meinte, wenn sie mich jetzt so sehe, hätte sie vielleicht nicht so leiden müssen. Schlussendlich hatte ihr ein Laser geholfen, der sie jetzt bei wunden Brustwarzen bei Kind 3 ebenfalls rettet. Man hat aber nie wirklich herausgefunden, warum Kind 2 und dann auch Kind 3 die Brustwarzen so in Anspruch nahmen – weder Hebamme, noch Schwester, noch Stillberaterin. Als ich ihr dann von der Osteopathie und unserem verschobenen Kiefer berichtete, wurden die Augen ganz groß. Davon hatte sie ja noch nie etwas gehört.

Die stillende und pumpende Mama hat Druck, weil sie bald wieder arbeiten muss. Die Hebamme sowie Stillberaterin raten zum Abstillen, was ja generell nicht sein muss (ich finde diese Quelle ganz hilfreich, da ich aber natürlich keine Expertin bin, wendet euch am besten an eine Stillberaterin, die nicht gleich zum Abstillen rät). Einen Termin bei einer Stillberaterin hatte sie aber auch nicht zeitnah erhalten und pumpt jetzt so gut es geht ab. Sie hat sehr viel Geld für eine Pumpe ausgegeben, die bei ihr gar nicht so richtig klappt. Außerdem fühlt sie sich total isoliert dabei und hat schon Angst, wie es dann wird, wenn sie arbeiten muss. Das Kind kann auch nicht "mal eben" zum Stillen zur Mutter gebracht werden, da eine Strecke ca. 30 Minuten Fahrzeit bedeutet und sie eh schon ein Betreuungsproblem für ihr Kind hat. Hinzu kommt, dass sie um ihren Arbeitsplatz fürchtet, wenn sie nicht zeitnah wieder in ihren Job geht, da sie dann ggf. zwangsversetzt wird (da bin ich nicht im Thema, sondern stütze mich nur auf ihre Aussage).

Der Vater ist in Elternzeit und kümmert sich um seine Tochter und gibt ihr PRE-Nahrung. Seine Frau pumpt jedoch auch ab, hat aber eine so schlecht laufende Pumpe, sodass es total anstrengend ist. Diese läuft zwar via Akku, hält aber nicht mal eine Pumpsession durch, da es ein älteres Modell ist.

Vor allem die Unauffälligkeit meines Pumpens fanden alle bemerkenswert. Da ich ja nun mal Erfahrung damit habe, erzählte ich ein bisschen, wie ich was mache, weil vor allem die Mama interessiert war, die bald wieder arbeiten muss.

Daher sind solche Treffen ungemein wichtig, der bestärkende Austausch ist wichtig. Gegenseitig ehrlich vom Alltag berichten, sei es das Stillen, das Abpumpen, der nahende Berufseinstieg oder andere Dinge. Ich kann von meinen eigenen Erfahrungen nun mal am besten berichten, und wenn ich jemanden kenne, der jemanden kennt, der Ähnliches durchgemacht hat oder ähnliche Probleme hat, kann man ein Netzwerk aufbauen.

Nach solchen Gesprächen fühle ich mich persönlich immer sehr bestärkt, da ich mich dann mit meinem Vorgehen wohler fühle. Man bekommt ja immer von der einen oder anderen Seite Kritik und/oder nur mal einen "nett gemeinten" Kommentar (Stichwort Bullshit-Bingo). Da kann man im Großen und Ganzen voll hinter dem eigenen Vorgehen stehen, aber trotzdem sind solche Kommentare mindestens nervig – zumindest für mich. Ich kann mich noch gut an meine ersten Erfahrungen mit dem Abpumpen erinnern und habe bis heute manchmal noch diesen Rechtfertigungsdruck.

Nach dem Gespräch ist mir eines klar geworden: Stillen ist nicht einfach und erfordert Aufwand, Schweiß, Tränen und Durchhaltevermögen. Genauso ist es beim Abpumpen. Natürlich sieht man erstmal den "materiellen Aufwand", das Fläschchen sauber machen und die Pumpe reinigen sowie den organisatorischen Faktor. Aber auch da gibt es irgendwann einen "Flow" (dazu mache ich ggf. auch mal einen Beitrag), und je älter das Baby wird, desto einfacher wird es - so ja auch beim stillen.

Mir ist durchaus bewusst, in was für einer privilegierten Lage ich bin: Ich kann mein Kind in jeder erdenklichen Lage und Position zum Schlafen bringen, sei es im Auto, in der Trage, im Bettchen, auf der Couch im Nestchen, damit ich das Pumpen organisiert bekomme. Ich habe einen Mann, der mich in der Nacht pumpen lässt und bei den Kindern schläft sowie das Fläschchen füttern übernimmt. Ich konnte mir eine moderne Pumpe leisten. Ich konnte mir Osteopathie leisten.

Umso wichtiger finde ich, dass Mütter sich untereinander austauschen können, einen geschützten und vorurteilsfreien Raum finden, wo sie Erfahrungen mitbekommen, aber vor allem wo ihnen gesagt wird, dass etwas klappen kann und nicht, dass etwas eine zu große Aufgabe wäre. So bekommt man auch Tipps und Tricks, die evtl. gar kein Geld oder viel Aufwand kosten.

Deshalb berichte ich hier. Ich will Mut machen, ermuntern, es mit dem Abpumpen zu versuchen. 

Und jeder, wirklich jeder Tropfen Muttermilch ist wertvoll, ob sich das in 10, 20, 50, 100, 200 oder 500 ml widerspiegelt, ist wumpe!

Weder Stillen, noch PRE füttern, noch Muttermilchspenden annehmen, noch eigene Muttermilch abpumpen ist einfach. Nichts davon ist einfach. Es sollte aber für alles individuell Platz geben.

Daher bin ich auch sehr dankbar für die Erfahrungen, die Mütter mir via Instagram zusenden oder in den Kommentaren hinterlassen. Das schafft Austausch, Sichtbarkeit und vor allem findet man ggf. sogar professionelle Hilfe, bei der man sich wohl fühlt. Das ist doch ein Benefit für alle.

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